18 September 2016

Wir neuen Deutschen

"Wir neuen Deutschen" ist 2012 von drei Redakteurinnen der Wochenzeitung DIE ZEIT geschrieben worden, Özlem Topcu, Alice Bota und Khuê Pham, drei Redakteurinnen mit "Migrationshintergrund", die Deutschland als ihre Heimat empfinden, aber immer wieder merken, dass Deutsche daran zweifeln, ob sie wirklich dazu gehören.

Der Titel klingt sperrig. Wir Neuen oder Wir Deutschen würde passen, Die neuen Deutschen auch, aber irgendwie sträubt sich das neuen zwischen Wir und Deutschen zu stehen. Das ist beabsichtigt, denn es drückt aus, wie wenig andere ihnen abnehmen, dass sie sich als Deutsche fühlen, und wie das wiederum sie selbst stört, ja manchmal geradezu wütend werden lässt. 
Wir sind doch hier groß geworden wie ihr. Wir beherrschen die deutsche Sprache wie ihr (allenfalls ein bisschen besser). Wir arbeiten bei einer Zeitung, die im besten Sinne als repräsentativ für Deutschland gelten kann. Was ist denn da?

Und dann schreiben sie:
"Im Grunde unterscheiden sich unsere Gefühle nicht stark von denen derer, die uns hier nicht wollen. Auch sie kämpfen um das, was sie als ihren Platz empfinden, und ihre Heimat. Was wird aus diesen Gefühlen, wenn wir, die neuen Deutschen, mehr werden? Wird die Wut auf beiden Seiten wachsen? Oder wird sie abklingen, weil alle feststellen, dass die Veränderungen doch nicht so groß sind und wir uns daran gewöhnen?" (S.173)

Das Buch ist wieder aktuell geworden, seit Merkel ihren Satz "Wir schaffen das." gesagt hat und viele sich an ihrem Wir gestoßen haben. Und seit Herfried und Marina Münkler ihr Buch Die neuen Deutschen geschrieben haben.

Denn die Eltern von Özlem Topcu haben nach mancherlei Mühen festgestellt "Wir haben es geschafft." (S.112) Die neu Hinzugekommenen haben es geschafft, nicht die Deutschen, zu denen sie kamen. Und jetzt sollen wir es schaffen? Welche wir? Wir Alteingesessenen, neuerdings Bio-Deutsche genannt, die Neuen oder wir mit ihnen gemeinsam? 

Die Münklers bestimmen als Merkmale des Deutschseins Eigenschaften, die viele Deutsche nicht haben.  Weshalb das? Liegt das an den Neuen?

Die beiden Bücher erhellen sich gegenseitig. Die Selbstbeschreibung der Redakteurinnen und die abstrakte Darlegung von "Identitätsmarkern" des Spezialisten für politische Theorie.  

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