17 Juli 2014

Insel Felsenburg: Titel und Vorrede

 Der ursprüngliche Titel des Romans Insel Felsenburg von Johann Gottfried Schnabel, dessen 1. Teil 1731 erschien, lautete:

Wunderliche Fata einiger See-Fahrer, absonderlich Alberti Julii, eines gebohrnen Sachsens, Welcher in seinem 18den Jahre zu Schiffe gegangen, durch Schiff-Bruch selb 4te an eine grausame Klippe geworffen worden, nach deren Übersteigung das schönste Land entdeckt, sich daselbst mit seiner Gefährtin verheyrathet, aus solcher Ehe eine Familie mit mehr als 300 Seelen erzeuget, das Land vortrefflich angebauet, durch besondere Zufälle erstaunens-würdige Schätze gesammlet, seine in Teutschland ausgekundschafften Freunde glücklich gemacht, am Ende des 1728sten Jahres, als in seinem Hunderten Jahre, annoch frisch und gesund gelebt, und vermuthlich noch zu dato lebt, entworffen Von dessen Bruders-Sohnes-Sohnes-Sohne, Mons. Eberhard Julio,Curieusen Lesern aber zum vermuthlichen Gemüths-Vergnügen ausgefertiget, auch par Commission dem Drucke übergeben Von Gisandern.

Ludwig Tieck hat den Roman 1828 von 2500 Seiten auf die Länge zusammengekürzt, in der wir ihn heute kennen. 

Vorrede

Geneigter Leser! Es wird dir in folgenden Blättern eine Geschichtsbeschreibung vorgelegt, die, wo du anders kein geschworner Feind von dergleichen Sachen bist, oder dein Gehirne bei Erblickung des Titulblattes nicht schon mit widerwärtigen Praejudiciis angefüllet hast, ohnfehlbar zuweilen etwas, obgleich nicht alles, zu besonderer Gemütsergötzung überlassen, und also die geringe Mühe, so du dir mit Lesen und Durchblättern gemacht, gewissermaßen rekompensieren kann. [...]
Aber mit Gunst und Permission zu fragen: Warum soll man denn dieser oder jener, eigensinniger Köpfe wegen, die sonst nichts als lauter Wahrheiten lesen mögen, nur eben lauter solche Geschichte schreiben, die auf das kleineste Jota mit einem körperlichen Eide zu bestärken wären? Warum soll denn eine geschickte Fiktion, als ein Lusus Ingenii, so gar verächtlich und verwerflich sein? Wo mir recht ist, halten ja die Herren Theologi selbst davor, daß auch in der heil. Bibel dergleichen Exempel, ja ganze Bücher, anzutreffen sind. Sapienti sat. Ich halte davor, es sei am besten getan, man lasse solchergestalt die Politikos ungehudelt, sie mögen schreiben und lesen was sie wollen, sollte es auch gleich dem gemeinen Wesen nicht eben zu ganz besondern Vorteil gereichen, genug, wenn es demselben nur keinen Nachteil und Schaden verursachet. [...]
Also siehest du, mein Leser, daß ich zu dieser Arbeit gekommen bin, wie jener zur Maulschelle, und merkest wohl, daß mein Gewissen von keiner Spinnewebe gewürkt ist, indem ich eine Sache, die man mir mit vielen Gründen als wahr und unfabelhaft erwiesen, dennoch niemanden anders, als solchergestalt vorlegen will, daß er darvon glauben kann, wieviel ihm beliebt. Demnach wird hoffentlich jeder mit meiner Generosité zufrieden sein können. Von dem übrigen, was sonsten in Vorreden pflegt angeführet zu werden, noch etwas weniges zu melden, so kann nicht leugnen, daß dieses meine erste Arbeit von solcher Art ist, welche ich in meiner herzallerliebsten deutschen Frau Muttersprache der Presse unterwerfe. Nimm also einem jungen Anfänger nicht übel, wenn er sein erstes Händewerk so frei zur Schaue darstellet, selbiges aber dennoch vor kein untadelhaftes Meisterstücke ausgibt. [...]
Sollte aber, geneigter Leser! dasjenige, was ich zu diesem Werke an Mühe und Fleiße beigetragen, von dir gütig und wohl aufgenommen werden, so sei versichert, daß in meiner geringen Person ein solches Gemüt anzutreffen, welches nur den geringsten Schein einer Erkenntlichkeit mit immerwährenden Danke zu erwidern bemühet lebt. Was an der Vollständigkeit desselben annoch ermangelt, soll sobald als möglich, hinzugefügt werden, woferne nur der Himmel Leben, Gesundheit, und was sonsten darzu erfordert wird, nicht abkürzet. Ja, ich dürfte mich eher bereden, als meinen Ärmel ausreißen lassen, künftigen Sommer mit einem kurieusen Soldatenromain herauszurutschen, als wozu verschiedene brave Offiziers allbereit Materie an die Hand gegeben, auch damit zu kontinuieren versprochen. Vielleicht trifft mancher darinnen vor sich noch angenehmere Sachen an, als in Gegenwärtigen. [...]
Sonsten weiß vor dieses Mal sonderlich nichts zu erinnern, als daß ich nach Beschaffenheit der Person und Sachen jederzeit sei, Geneigter Leser, den 2. Dez. 1730 Dein dienstwilliger GISANDER. [...]

(vollständiger Text)

vgl. Robinsonade


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