03 April 2013

Stifters Helden gehen oder reiten, aber ....

... man erfährt nichts über ihre Gefühle.

So formuliert geht es schon wieder zu weit. Aber im Aussparen ist Stifter schon recht modern. 
Nehmen wir eine Stelle aus dem Hagestolz:

Hanna hatte ihn beinahe dicht an sich vorüber gehen gesehen, da sie an der inneren Wand der Gartenplanke stand, aber sie hatte nicht den Muth gehabt, ihn anzureden. Das Mädchen war beschäftigt von einem struppigen geschornen Busche Stüke eines Seidenstoffes herab zu lesen, die in einem getrennten Kleide bestanden, gefärbt worden waren, und unter Tags zum Troknen sich auf dem Busche befunden hatten. Stük nach Stük nahm sie herab, und legte sie auf ein Häufchen zusammen. Da sie nach einer Weile umblikte, sah sie Victor im Garten bei der großen Rosenheke stehen.
Später sah sie ihn wieder bei der Heke des blauen Hollunders stehen, der schon Knospen hatte. Der Hollunder aber war viel näher gegen sie her, als die Rosenheke. (Stifter: Der Hagestolz, 3. Kapitel Abschied)
Dass Hanna auf den Geliebten wartet, ist klar. Aber ist die Annäherung Victors Zufall oder Absicht? 
Man hat gehört, dass er auf längere Zeit fortgehen wird, dass er sich mit Hanna, der Tochter seiner Pflegemutter, öfter gestritten hat und dass seine Pflegemutter ihn beauftragt hat, vor seinem Fortgang noch einmal mit ihr zu reden.
Man weiß auch, dass er gesagt hat, er werde nie heiraten und dass die Erzählung "Der Hagestolz" heißt.  

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