05 März 2013

Goethe mit seinem Sohn unterwegs

Wir kommen, meine Liebe, nicht zurück, wie Du uns erwartest. Es finden sich der Geschäfte so viele, daß ich wohl noch acht Tage hier bleiben muß. 
Ich behalte den Kleinen bei mir, er ist so artig, als sich nur denken läßt. Er hat schon vieles gesehen: den Schacht, das Pochwerk, die Porzellanfabrik, die Glashütte, die Mühle, worauf die Marmorkugeln zum Spiele der Kinder gemacht werden, und überall hat er etwas mitgenommen und spricht gar artig von den Sachen. Dann hält er sich zu allen Leuten und ist schon überall bekannt. Hier schickt er Dir einen weißen Pfefferkuchen, den er selbst gern gegessen hätte. 
Grüße Herrn Meyer und sage ihm: er möchte das Wasser recht fleißig trinken. Wenn etwas an mich angekommen ist, so schicke es mir durch Venten, der Dienstag herausfährt. 
Gustel grüßt Dich recht schön; er sitzt eben auf dem Canapee, ich habe ihn ausgezogen, und wir sind die besten Freunde. Lebe wohl, behalte uns lieb. 
Ilmenau, den 29. August 1795.


Nun, mein Liebchen, werde ich bald wieder bei Dir sein, Sonntag früh gehe ich hier ab. Es ist mir und dem Kleinen recht wohl gegangen. Wir haben gutes Wetter und mitunter recht schönes gehabt, heut ist ein herrlicher Tag. 
Der Kleine ist gar zu artig und freut sich über die vielen Sachen und Arbeiten, die er sieht, er behält alles recht gut und fragt gar vernünftig. Er hält sich mit allen Leuten. Ich hab ihm einen Berghabit machen lassen, und morgen, da die Bergleute einen Aufzug haben, soll er mitgehen. Das macht ihm großen Spaß, aber in die Kirche will er nicht mit hinein. Er bringt Dir eine Tasse mit, die man ihm geschenkt hat, und füttert sich überhaupt aufs beste. Des Morgens um 5 Uhr sind wir wach, Abends aber gehts auch bald zu Bette.
Lebe wohl, ich hoffe Dich wohl und das Haus in guter Ordnung zu finden. Ich bringe einen Wildpretsbraten mit und will nächste Woche Gäste darauf bitten. Lebe wohl und liebe uns. 
Ilmenau, den 2. September 1795. G.

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