10 März 2008

Tausendundeine Nacht – Geschlechterverhältnis

Eindrucksvoll ist, was die Geschichten von Tausendundeine Nacht über die männliche Sicht auf das Geschlechterverhältnis in der patriarchalisch muslimischen Gesellschaft aussagen.

Die Rahmenerzählung weist auf die Angst des Mannes hin, der fürchtet, von seiner Frau trotz ihrer Einschließung im häuslichen Bereich betrogen zu werden. Der König Scherijar und sein Bruder Schahzaman erleiden dies Schicksal. Bezeichnenderweise erholt sich Schahzaman von der daraus entstandenen Depression erst, als er erfährt, dass es seinem Bruder genauso ergeht.
Dieser, der König Scherijar, beschließt auf Nummer sicher zu gehen und sich gleichzeitig am gesamten weiblichen Geschlecht zu rächen, indem er seine Frauen von jetzt ab in der Nacht ihrer Entjungferung töten lässt. Die Tochter seines Wesirs Schehrezad löst dies, sein Problem, indem sie stets an seiner Seite bleibt und die Zeit, in der er nicht sexuell mit ihr verkehren will oder kann (noch kein Viagra erfunden), durch ihre Geschichten ausfüllt.

In einigen der Einzelgeschichten wird die Angst des Mannes noch deutlicher zum zentralen Thema.
Ein Dämon führt seine Frau ständig in einem verschlossenen Kasten mit sich, damit sie ihn nicht betrügen kann, und sie weist zum Beweis, wie oft es ihr dennoch gelungen ist, stolz 570 Ringe ihrer Sexualpartner vor.
Ein König wird von seiner Frau sogar mit einem abgrundtief hässlichen Schwarzen betrogen und wie zum Beleg, dass ihm damit seine Geschlechtsrolle genommen wird, von ihr an seinem gesamten Unterleib versteinert. Die Frau, die ihren Mann betrügt, erscheint somit als Hexe. Auch hier wird der Mann erst vom Bann gelöst und wieder normal, als seine Frau und ihr Geliebter getötet sind.
In der Geschichte des Lastträgers und der drei Damen wird die Eifersucht des Mannes dargestellt, die er nicht nur gegenüber seiner Frau, sondern gegenüber der gesamten Frauengemeinschaft, mit der zusammen sie von der Welt der Männer abgeschlossen ist, empfindet. Denn diese drei Damen der Erzählung vergnügen sich miteinander und nutzen die kleinste Gelegenheit beim Einkaufen, um sich einen Mann als Spielzeug zu verschaffen. Ihr rechtmäßiger Herrscher, in diesem Fall durch den Kalif Harun er Raschid verkörpert, kommt nur als Gast in diese Welt und wird, als er versucht, in die Geheimnisse der Frauenwelt einzudringen, mit dem Tode bedroht.

Keine Kommentare: