20 September 2007

Danzig

[...] ei, ist denn Hochzeit heute?
Da stehen die hohen Häuser, schlank und steil wie vornehme Damen und haben ihren schönsten Staat angezogen. In vielen Farben prangen sie und jedes hat sein besonderes Schmuckstück. Das eine graue eine grellleuchtende grüne Tüt mit feiner Schnitzerei, ein anderes leuchtende Messingklopfer, ein drittes einen besonders verzierten Giebel. Ein viertes und fünftes bildhafte Darstellungen auf der ganzen Front und alle haben die schönen Beischläge. Das sind weit ausgebaute breite Treppen, die zum Hauseingang führen. Meistens steht vor dem Aus oben auf dem Beischlag eine Laube oder doch eine Bank. Das haben die Danziger Häuser als ihren ganz besonderen Schmuck. Und nur ungern hat man in den Verkehrsstraßen die Beischläge abgerissen. Die neuen Häuser haben jetzt keine Beischläge, nur die alten hatten sie.
Aber die Krone des Hochzeitssaales ist doch das Rathaus mit seinem leichten, zierlichen Turm. Und dahinter taucht ernst und schweigsam der große eckige Turm der Marienkirche auf. Der Rathausturm aber kümmert sich nicht um seine ernste Nachbarin, sondern spielt laut und freudig bei jeder vollen Stunde einen herzhaften Choral. Die Katharinenkirche bei der großen Mühle tut es ihm nach und spielt ihr "Befiehl du deine Wege". 76 m ist der Marienturm hoch, der Rathausturm steigt aber luftig noch 6 m höher.
Seht Euch nun die Marienkirche an. Backsteingotik nennt man den Stil, in dem sie gebaut ist. Nur kleine Steine sind aufeinandergeführt und - welche Wucht, welche Einheit spricht aus dem Ganzen! Ein Sinnbild der Kraft, der Einheit und Festigkeit und Schönheit. Das Gewaltige wird durch die feinen neun anderen Türmchen zur veredelten Kraft.
(1927)

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